Es ist die Schlagzeile des Tages. Lt. TAZ hat die Firma Eurochance aus Viersen eine CD mit über 17.000 Kontodaten an Call-Center verkauft, die wohl aus den Datenbeständen der SKL stammen sollen. Auf der CD sind neben Namen, Geburtsdaten, Adressen und Telefonnummern auch die jeweiligen Kontoverbindungen gespeichert. Datenschützer sprechen von einem Skandal, doch der Handel mit Daten ist nicht neu.
Die Aufdeckung:
Der Skandal wurde von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein durch vermehrte Beschwerden über dubiose Kontoabbuchungen aufgedeckt. Die Datenstruktur auf der besagten CD, die der Verbraucherzentrale anonym zugespielt wurde, enthalten Hinweise auf die SKL. Gerhard Rombach, Direktor der SKL hat sich in einer Stellungnahme vom Handel mit Daten distanziert und eine umfangreiche Aufklärung angekündigt.
Die Masche:
Die dubiosen Call-Center telefonieren die Datenbestände unter dem Vorwand eines Gewinnspiels ab. Trotz deutlicher Absage zur Abbuchung, wurden Beträge um € 60,- bei den Betroffenen vom Konto eingezogen. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein rät daher, die Kontoauszüge regelmäßig zu prüfen. Dies gilt auch für Kontobewegungen von Angehörigen, die aufgrund von Alter oder Krankheit den Überblick verlieren und dank des bekannten Geburtsdatums leichte Beute unseriöser Anbieter werden können.
Das Ausmaß:
Der Chaos Computer Club hat das Ausmaß des Datenhandels in einem Bericht der Netzeitung zum Ausdruck gebracht. Von den etwa 60 Millionen Adressen in Deutschland, dürften nur die wenigsten noch nicht erfasst sein. Dieser Aussage schließe ich mich übrigens an. Wie die SKL, bzw. die NKL offiziell zu den Vertriebsmethoden der „freien“ Partner und Vertreter steht, findet der interessierte Leser hier.
Jüngste, ähnliche Betrugsversuche:
Die jetzt bekannt gewordene Masche wurde ebenfalls von der Firma LottoTeam aus Köln angewandt, wo Betroffene lt. der Verbraucherzentralen in Hessen und Brandenburg ebenfalls von unerlaubten Abbuchungen nach dubiosen Gewinnversprechen am Telefon berichtet haben. Weitere Meldungen aus der jüngsten Vergangenheit, die sich mit dem Ausmaß des Datenhandels beschäftigen:
- Kreis Rottweil: Nepp mit Gewinnspiel
- Meldepflicht für Datendiebstahl gefordert
- Mängel beim Datenschutz in Online-Spielen beklagt
- Mit Adressen wird gehandelt: Und plötzlich droht die Inkasso-Firma
Dass die Aufdeckung der kriminellen Machenschaften der Call-Center von Seiten der Initiatoren und Hintermänner unter Androhungen von rechtlichen Schritten vertuscht und verschleiert werden sollen, findet der interessierte Leser hier.
Woher die Daten kommen:
Sie nennen sich Adressbroker oder Partner für Direktmarketing. Viele Internetangebote werden einzig zum Zweck der Adressgenerierung inszeniert, oftmals unter dem Vorwand eines Gewinnspiels oder ähnlichen Offerten, die dem Verbraucher einen Mehrwert versprechen. Selbst jede Abo- oder Kostenfalle im Internet verlangt heute ein Werbeeinverständnis, welche das jeweilige Unternehmen dazu berechtigt, Ihre Daten an Dritte wie Partner und Sponsoren weiter zu geben.
Renommierte Unternehmen profitieren vom Datenhandel:
In einem Bericht von Abzocknews.de vom 26.11.2007 findet der interessierte Leser eine so genannte Sponsorenliste von Unternehmen, die vom florierenden Datenhandel profitieren. Viele der dort genannten Unternehmen tauchen immer wieder in meinen Berichten auf, sei es als Sponsor oder Partner. Interessante Infos dazu finden Sie beispielsweise ein einem Bericht zu Townbuddy.net oder auch Nachbarn.de.
Können Gesetze den Verbraucher schützen:
Ich bezweifele, ob der jüngste Gesetzesentwurf zum Schutz vor unerwünschter Telefonwerbung unter Androhung von Geldstrafen bis zu € 50.000,- Abhilfe schafft, denn solche Beträge verdient ein entsprechendes Call-Center an einem halben Tag. Die Branche steht nach wie vor auf Wachstum und setzt mittlerweile Milliarden um – alleine in Deutschland. Über die angedrohten Sanktionen wird der ein oder andere Anbieter lediglich schmunzeln und die Strafe gerne in Kauf nehmen.
Meine persönliche Einschätzung:
Was wir hier erleben ist nur ein kleiner Vorgeschmack der künftigen Gefahren. Die Grenzen zwischen Internet und Realität sind praktisch nicht mehr vorhanden. Die wichtigsten Schlagworte liegen im personalisierten Marketing (Targeted Advertising), um dem User künftig nur noch gezielte Angebote präsentieren zu können, sei es via E-Mail, Fax, Telefon, SMS, Brief bis hin zu einem persönlichen Besuch durch Vertreter. Durch die gezielte Ansprache wird die Absprungquote reduziert und die Gefahr der Aufdeckung minimiert.
Zur aktuellen Diskussion auf Antispam.de.
Weitere Medien berichten:
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17.000 Verbraucher von Abzocke bedroht: Bankdaten illegal gehandelt (TAZ)
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Über 17.000 Kontodaten in den Händen dubioser Händler (Focus)
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Massenhafter Missbrauch von Bankkonten-Daten (Heise)
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Tarnfirmen sollen Kontodaten missbraucht haben (Spiegel)
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CDs mit über 17.000 persönlichen Datensätzen aufgetaucht (Tagesschau)
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Schwerer Datenmissbrauch bei Call Centern aufgedeckt (callmagazin)
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Tarnfirmen stehlen Geld von deutschen Konten (Welt)
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Callcenter missbrauchen Kontodaten (shz)
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Die neue Dimension beim Bankdaten-Missbrauch (Netzeitung)
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Datenklau: Bei Anruf Abzocke (Handelsblatt)
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Missbrauch von Kontodaten: Verraten und verkauft (Sueddeutsche)
10 Gedanken zu „Neue Dimensionen der Abzocke: Handel und Betrug mit gekauften Kontodaten“