Die Applikationen (Apps) für Smartphones wie bspw. das iPhone von Apple werden immer beliebter. Dies haben auch sämtliche Mobilfunkanbieter bzw. die Telekommunkationsindustrie erkannt und sehen darin eine wichtige Umsatzquelle der Zukunft. Doch der noch sehr junge Markt ist leider bereits von kaufmännischen Subkulturen unterwandert, wie uns einige aktuelle Beispiele aus der Praxis aufzeigen können und werden.
So greift das Portal Computerbetrug.de unter der Überschrift „Abo-Fallen drohen jetzt auch am iPhone“ einen Beitrag von Meedia.de auf, in welchem beschrieben wird, dass schon ein einziger harmloser Fingertipp auf eine Werbeanzeige in einer Applikation zu einem vermeintlichen Vertragsabschluss führen soll – so sieht es zumindest der Anbieter, doch um diesen erst einmal ausfindig zu machen bedarf es schon einer schwierigen Recherche.
Meedia.de schildert den Fall eines Betroffenen, welcher auf seiner Mobilfunkrechnung von der Telekom für das iPhone mit dem Posten „Leistungen Ericcson IPX“ konfrontiert wurde.
Um heraus zu finden was sich hinter dem Posten verbirgt, waren sowohl Mails als auch ein Einschreiben an das in Stockholm ansässige Unternehmen Ericcson IPX nötig – dort verwies man ihn wiederum an ein französisches Unternehmen mit dem Namen Cellfish Media. Doch die Cellfish Media ist auch nur ein Mittelsmann und verweist auf eine Mydoo GmbH.
Auch der SWR hat recherchiert und ist dabei auf ähnlich „transparente“ Konstrukte um die Bob Mobile AG bzw. auf deren Tochterunternehmen Guerilla Mobile Berlin GmbH und den Zahlungsabwickler Net Mobile AG aufmerksam geworden.
Durchaus bezeichnend ist der folgende Auszug aus der SWR-Recherche:
Die Mobilfunkanbieter, die an jedem Abo kräftig mitverdienen, leisten den Anbietern solcher Mehrwertdienste bereitwillig technische Unterstützung, indem sie die Handynummer des mobilen Surfers weiterleiten: Wer mit einem Smartphone auf einer Werbeseite unbedacht etwas anklickt, hinterlässt zunächst nur eine IP-Adresse. Doch die Mobilfunkanbieter können dieser IP-Adresse eine Handynummer zuweisen und geben sie dann weiter an Firmen wie die Net Mobile AG, die unter anderem für Bob Mobile und Guerilla Mobile die technische Abwicklung besorgt. Das bestätigte etwa die Pressestelle der Telekom: „Wir bieten Anbietern eine Schnittstelle an, damit sie Handynummern aus IP-Adressen entschlüsseln.“
Zum besseren Verständnis sei hier noch kurz erwähnt, dass die Bob Mobile AG wohl eine Tochter der österreichischen DIMOCO Direct Mobile Communications GmbH ist.
Bitte nehmen Sie dazu auch die Updates am Ende des Beitrags zur Kenntnis
Auf dem „Markt für Deutschland“ kooperiert man mit folgenden Mobilfunkanbietern:
Quelle: http://www.dimoco.at/maerkte/
Hier noch einmal im einzelnen:
Das die großen „Telekommunikationsanbieter“ immer wieder ganz vorne mit dabei sind wenn es um das „Mitverdienen“ bei fragwürdigen und dubiosen Angeboten geht, hinterläßt ein durchaus bitteres Gschmäckle. Da gab es mal die Dialer, Abzocke mit 0190 und heute 0900-Nummern, Premium-SMS, Ping-Anrufe mit 0137-Nummern usw.
Dazu interessant und aufschlussreich ist der folgende Auszug einer Publikation des bekannten Mafia-Experten Jürgen Roth auf seinem Blog Mafialand.de vom 17.12.2009 :
Es wäre ja auch sehr unangenehm, wenn man bei großen Unternehmen, insbesondere denen der Telekommunikation, herausfinden würde, dass hier bereits die Mafia große Aktienanteile gekauft hat. Es gibt zum Beispiel die Aussage eines kundigen Polizeidirektors der sagt: „Wir sehen es an Marktanteilen der organisierten Kriminalität bzw. Mafia besonders im Handymarkt und dort bei durchgehend allen Unternehmen Da befinden sich unter denn Aktienanteilen Gelder, deren Herkunft hoffentlih hinreichend untersucht wurde.“ In Österreich jedenfalls wurde das nicht getan.
Ganz böse Zungen könnten sogar behaupten, dass die klassischen Abo-Fallen im Internet, bei denen oftmals 2-Jahresverträge geltend gemacht werden, direkt von „Unternehmen aus der Telekommunikation“ stammen. Ganz andere Parallelen hingegen gibt es zumindest bei der juristischen Aufarbeitung der über 340 Strafanzeigen gegen die Bob Mobile AG, denn diese werden nach Angaben des SWR massenhaft eingestellt:
Der Staatsanwalt schrieb ihm, es sei „nicht auszuschließen, dass eine Anmeldung für eines der Produkte des Unternehmens mit Ihrer Handynummer erfolgt ist, […] dass jemand aus Ihrem Bekannten- oder Familienkreis die Anmeldung mit Ihrem Handy oder Ihrer Handynummer vorgenommen hat“ oder „dass ein unbekannter Täter auf der Webseite der Firma Bob Mobile Ihre Handynummer eingegeben hat und Sie unbewusst per SMS die Anmeldung bestätigt haben“.
Es bleibt wieder die traurige Erkenntnis, dass Deutschland ein Paradies für Abzocker ist, doch Sie können sich ganz einfach gegen diese Form der Abzocke schützen, was auch mein vorläufiges Fazit zum neuen Wachstumsmarkt ist:
Dringende Warnung vor dem klicken auf jegliche Werbung in Handy-Applikationen!
Quellverweise und weiterführende Informationen zu diesem Beitrag:
SWR:
- Untergeschobene Klingelton-Abos: Handyabzocker werden immer dreister
- MP3-Mitschnitt des SWR-Radiobeitrags bei SWR2 „Impuls“
Computerbetrug.de
Meedia.de
iPhone-Fan.de
n-tv.de
Update vom 27.08.10:
- Gegendarstellung der Dimoco Direct Mobile Communications GmbH
Bob Mobile AG ist KEINE Tochter der österreichischen DIMOCO – Direct Mobile Communications GmbH. DIMOCO ist ein internationaler Mobile Service Anbieter im Business-to-Business-Bereich. Als solcher stellen wir Unternehmen unsere Netzanbindungen zum Versand von elektronischen Nachrichten zur Verfügung. Wir haben daher so genannte Anbindungsverträge mit allen Mobilfunknetzbetreibern abgeschlossen. SMS/MMS mit den jeweiligen Inhalten werden somit nicht von uns sondern über unsere Anbindungen versandt. Diensteanbieter sind in allen Fällen unsere Businesskunden, die auch für den Dienst Verantwortung tragen. Unsere Businesskunden bestimmen daher, an wen welche SMS/MMS gesandt wird und sind dabei verpflichtet, alle gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Insbesondere dürfen unsere Businesskunden daher an niemanden SMS/MMS senden, der dafür keine Zustimmung erteilte. DIMOCO ist lediglich Dienstleister für die Businesskunden. Aufgrund der Verträge darf DIMOCO davon ausgehen, dass die Zustimmung zum Erhalt der SMS/MMS erteilt wurde.
Nachtrag vom 20.10.2010:
Zu der oben bereits eingepflegten Gegendarstellung der DIMOCO, welche mich nur 3 Tage nach der Veröffentlichung dieses Beitrags erreichte, bot mir die Absenderin, Mag. (FH) Margit Anglmaier, ihres Zeichens Vice President PR & Marketing Manager (Pressestelle) an, mir für Rückfragen zur Verfügung zu stehen, was ich auch in Anspruch nahm.
Meine Fragen bleiben bis zum heutigen Tag leider unbeantwortet, insbesondere was die Geschäftsbeziehung zwischen der DIMOCO und der Bob Mobile AG bzw. den zugehörigen Unternehmen wie der Guerilla Mobile Berlin GmbH betrifft, ob die DIMOCO finanziell von den Geschäftsgebaren der Bob Mobile AG profitiert und ob die DIMOCO nun Konsequenzen (nach der jetzigen Kenntnis über die im Beitrag besagten Vorgänge) ziehen wird.
Für solch eine Transparenz und den Willen zur Aufklärung halte ich es seit den Anfängen von Abzocknews.de wie folgt: „Keine Antworten sind die besten Antworten„.
Allerdings hat man wohl wirklich Konsequenzen aus den bekannten Vorgängen gezogen, denn die DIMOCO scheint jetzt eigene Pressemitteilungen, in denen eine langjährige Verbindung zwischen DIMOCO und verantwortlichen der Bob Mobile AG offenbar wird, zu ersetzen.
So gab es im Pressearchiv der DIMOCO unter
- http://www.dimoco.at/unternehmen/pressecorner/erfolgreiches-fest-mit-aus-und-weitblick-rund-200-gaeste-feierten-dimoco-goes-east/
eine Publikation vom 19.04.2004 über ein Fest mit rund 200 geladenen Gästen, zu welchen auch Herr Remco Westermann, heute Vorstandsvorsitzender der Bob Mobile AG (damals noch Country Manager der ZED Germany GmbH), gehörte. Besagte Pressmitteilung ist nicht mehr aufrufbar bzw. führt aktuell auf eine Meldung aus Februar 2010.
Die verschollene Pressemitteilung findet man dafür aber noch im Cache von Bing:
Eine diesbezügliche Nachfrage bei der DIMOCO – Direct Mobile Communications GmbH habe ich mir auf Grund der bisher bekannten „offenen Kommunikation“ schlicht geschenkt.
Update vom 21.10.2010:
So kann es manchmal gehen – der „ersetzte“ Beitrag ist auf einmal wieder da…
36 Gedanken zu „Über Smartphones, Apps, einen Wachstumsmarkt und Abzocke mit Guerilla-Methoden *Update*“